Die Neuvermessung der Wirtschaft

Digitalisierung - was geht, was kommt?


Jacques Ziegler, BIT Magazin für Geschäftsprozess- und Output-Management
Veröffentlicht in: DiALOG - DAS MAGAZIN FÜR ENTERPRISE INFORMATION MANAGEMENT | MÄRZ 2016
 
Waren die vergangenen 50 Jahre in den Unternehmen geprägt von Prozessinnovationen, so werden zukünftig innovative Geschäftsmodelle und kundenorientierte Services zum wesentlichen Wettbewerbsfaktor. Die Digitalisierung, ihre Bedingungen und ihre Folgen - ein Ausblick.

„In den nächsten fünf Jahren wird mehr passieren als in den vergangenen fünf Jahrzehnten“, ist sich Günther Oettinger, der für Digitalisierungsfragen
zuständige EU-Kommissar, sicher. Noch nie gelang es Newcomern so schnell, etablierten Unternehmen ihre gefestigte Position streitig zu machen, selten konnten innovative Geschäftsmodelle sich so schnell am Markt durchsetzen. Auf die technologischen und organisatorischen Paradigmenwechsel, folgt nun ein fundamentaler Umbruch der Wirtschaft, ja ganzer Volkswirtschaften. Dass die Digitalisierung nicht nur die Kräfteverhältnisse im gewohnten Wettbewerbsumfeld zu erschüttern vermag, sondern globale Marktstrukturen verändern kann, zeigt das Ranking der weltweit wertvollsten Konzerne, das die Beratungsgesellschaft Ernest & Young Ende Dezember 2015 vorlegte. So erreichen
die amerikanische Digitalkonzerne Amazon, Apple, Facebook, Google und Microsoft zusammen eine größere Marktkapitalisierung an der Börse als
alle 30 im Dax gelisteten deutschen Unternehmen.
 
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Führung wird immer wichtiger
Zweifellos, die meisten Unternehmen werden sich in den kommenden Jahren stark verändern. Neben ihren Strukturen und den Arbeitsbeziehungen in ihnen werden sich oft auch ihre Geschäftsmodelle wandeln. Doch eines wird sich nicht verändern: der Mensch Mitarbeiter. Er wird sich weiterhin Halt und Orientierung wünschen – gerade wenn im Unternehmen selbst und in dessen Umfeld scheinbar alles im Fluss ist.

Doch wer soll ihm dieses Gefühl vermitteln, wenn im Unternehmen sozusagen alles permanent auf dem Prüfstand steht? Letztlich können dies nur die Führungskräfte sein. Deshalb ist die These nicht gewagt: Führung wird künftig in den Unternehmen immer wichtiger werden – gerade weil es im Unternehmenskontext sonst nichts mehr gibt, worauf man als Mitarbeiter bauen und vertrauen kann.

Führung muss sich ändern
Soweit, so beruhigend. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass sich Führung nicht verändert. Im Gegenteil! Die Art zu führen, muss sich im digitalen Zeitalter radikal wandeln. Denn folgende Entwicklungslinien sind in den Unternehmen unverkennbar.

  • Die für den Unternehmenserfolg relevanten Leistungen werden zunehmend von bereichs- und oft sogar unternehmensübergreifenden Teams erbracht.
  • Die für die Kunden erbrachten Lösungen setzen immer mehr Spezialwissen voraus, das die Führungskräfte oft selbst nicht haben.
  • Die von den Unternehmen erarbeiteten Strategien, Planungen usw. haben eine immer kürzere Gültigkeitsdauer. Und:
  • Die Führungskräfte und ihre Bereiche stehen immer häufiger vor Herausforderungen, für die sie noch keine Lösung haben.

Wie ist in einem solchen Umfeld erfolgreiche Führung möglich – wenn die Führungskräfte einen immer geringeren (disziplinarischen) Zugriff auf ihre Mitarbeiter haben und – salopp formuliert – auch nicht schlauer als diese sind?

Führungskräfte müssen „Marken“ werden
Nach dem klassischen Befehl- und Gehorsam-Prinzip ist dies nicht möglich; ebenso wenig dadurch, dass die Führungskräfte versuchen, sich als Alles-besser-Wisser zu profilieren. Der einzig mögliche Lösungsweg ist: Die Führungskräfte müssen sich zu echten Leadern entwickeln, also Persönlichkeitsmarken, denen die Mitarbeiter vertrauen.

Eine Marke kennzeichnen zwei Faktoren. Erstens: Sie ist aufgrund ihres Auftritts beziehungsweise Erscheinungsbilds wiedererkennbar. Und zweitens: Sie gibt den Kunden ein klares Leistungsversprechen – so wie dies zum Beispiel die Unternehmen Audi und BMW mit ihren Slogans „Vorsprung durch Technik“ beziehungsweise „Freude am Fahren“ tun.

Erkennbar für gewisse Werte stehen
Ähnlich verhält es sich mit Fühungskräften, die eine „Persönlichkeitsmarke“ sind. Auch sie stehen für ihr Umfeld erkennbar für konkrete Werte und Überzeugungen, die sich in ihrem Verhalten zeigen. Also lautet eine Anforderung an Führungskräfte, die eine Persönlichkeitsmarke werden möchten: Sie müssen sich ihrer Werte und Überzeugungen sowie Stärken bewusst werden – also darüber, was sie als Person einzigartig und unverwechselbar macht. Dazu zählt auch das Kennen der eigenen Schwächen. Denn erst aus dem Bewusstsein unserer Stärken und Schwächen erwächst das erforderliche Selbstverständnis für unsere mögliche Wirkung. Und dieses hilft uns wiederum, nicht nur an „Schönwetter-Tagen“, sondern auch, wenn es (im Unternehmen oder Markt) „stürmt und schneit“ eine souveräne Haltung einzunehmen und zu zeigen. Und dies ist wiederum ein Signal für unsere Umwelt: Dieser Marke beziehungsweise Person kannst du vertrauen.

Sich präsentieren und vermarkten
„Werden Sie als Führungskraft eine Marke und präsentieren und vermarkten Sie sich entsprechend“ – diese Aufforderung stößt bei vielen Führungskräften auf Vorbehalte. Denn mit dem Begriff „Vermarktung“ assoziieren sie Attribute wie „schrill“ und „laut“. Doch nur wenige Marken sind so schrill und laut wie Afri Cola. Weit mehr setzen auf ein unaufgeregtes Under-Statement.
Ähnlich verhält es bei der Selbst- Vermarktung von Führungskräften. Auch hier geht es nicht darum, stets am lautesten zu schreien, sondern immer wieder nach außen zu zeigen und zu artikulieren,

  • wofür man steht und
  • was einem als Person wichtig ist.

Denn so entstehen Glaubwürdigkeit und somit Vertrauen. Und diese Faktoren werden für den Führungserfolg in der von Veränderung geprägten VUCA-Welt immer wichtiger.

Bewährungsprobe für Volkswirtschaften 
Wie dramatisch dieser Umstand für eine Volkswirtschaft ist, wird am Beispiel Siemens deutlich. Der Traditionskonzern rangiert mit Platz 88 auf den hintersten Rängen der 100 wertvollsten
Unternehmen. Der älteste europäische Hightechkonzern gilt mittlerweile als verletzlicher Riese, dessen Schicksal auch über die Zukunftsfähigkeit Deutschlands entscheidet. Der SPIEGEL,
Ausgabe 49/2015 befindet sogar: „Kann Siemens in dem weltweiten Wettlauf um die technologische Vorherrschaft nicht mithalten, wäre das ein Menetekel für ganz Europa.“

Auch der neue VW-Chef Matthias Müller fürchtet, dass Deutschland und Europa für den fundamentalen Wandel durch Digitalisierung und Vernetzung nicht gerüstet sind. In der traditionellen
Isny-Runde warnte er: „Die wirtschaftlichen Gewichte werden in der Welt gerade neu verteilt.“ Vielen Branchen, auch der Autoindustrie stehe eine Transformation nach dem Muster der Unterhaltungselektronik bevor. Hier wurde die analoge Hardware (Schallplatte) zur digitalen Hardware (CD), die digitale Hardware zur Software (Musikdatei) um letztlich über Cloud-Streaming-
Dienste zum Nutzungszeitpunkt zur Verfügung gestellt zu werden. Für Siemens-Vorstandschef Joe Kaeser gilt der alte Glaubenssatz, dass der Große den Kleinen frisst und der Schnelle
den Langsamen, längst nicht mehr. „Nicht die Schnellsten und Größten werden überleben, sondern die, die sich am besten ihrer veränderten Umgebung anpassen.“ Damit Großkonzerne
im flinken Spiel der digitalen Newcomer mithalten können, beteiligen sie sich gerne an den Start-ups, wie es kürzlich auch Siemens tat. Die Erfolgspotentiale können jedoch nur realisiert
werden, wenn die Kreativität und der Innovationsmut des jungen Teams nicht durch hierarchische Regelwerke eingeengt werden.
 

„Digitalisierung ist nicht nur eine Technologie, sie ist eine Waffe, um bestehende Geschäftsmodelle anzugreifen.“

Klaus Schmitz, Beratungsunternehmen Arthur D. Little

Aber wenn selbst für Großkonzerne wie Siemens kein einziges Geschäftsfeld sicher ist und man sich nicht mehr auf seinen technologischen Vorsprung verlassen kann, wie steht es dann um die
Wettbewerbsfähigkeit von mittelständischen Unternehmen? Nochmal Joe Kaeser im SPIEGEL: „Wir erleben so gravierende technologische Veränderungen wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr“.

Plötzlich und unerwartet
Sie kommen wie aus dem Nichts, die neuen Wettbewerber für etablierte Unternehmen. Oft sind sie klein, smart und agil, ohne hierarchische Strukturen aber mit verblüffenden Geschäftsmodellen.
Facebook, erst 2004 gegründet ist heute die größte Plattform für Inhalte ohne selbst Inhalte zu produzieren. Uber, 2009 gegründet, ist das weltweit größte Unternehmen für Fahrgastbeförderung,
ohne eine eigene Fahrzeugflotte zu besitzen. Airbnb, 2008 gegründet und seither über 15 Millionen Übernachtungen vermittelt, ist der größte Anbieter von privaten Unterkünften, ohne selbst Immobilien zu bewirtschaften. In nur wenigen Jahren wuchsen diese Gesellschaften zu Milliardenunternehmen heran und sind gerade dabei die Spielregeln in ihren jeweiligen Branchen grundlegend zu verändern. Die Geschäftsmodelle aller drei Unternehmen basieren auf Vernetzung ihrer Kunden.

Treiber der Digitalisierung.
Vernetzung gehört neben mobilen Technologien, Cloud Computing, Big Data Analytics, lernfähigen adaptiven Algorithmen und intelligenten Sensoren zu den technologischen Treibern der Digitalisierung.
Nach Marktuntersuchungen des Netzwerkgiganten Cisco rollt in den nächsten Jahren eine gewaltige Vernetzungswelle von Daten, Objekten, Prozessen und Menschen an. So werden in der Industrie
intelligente Sensoren dafür sorgen, dass vollautomatische Produktionsanlagen entstehen, die dazu noch selbst lernfähig sind.
Für diese vierte industrielle Revolution hat man auf der Hannover Messe 2011 den Begriff Industrie 4.0 erfunden, in den USA ist von cyber-physikalischen Systemen die Rede.

Die Vernetzung wird nach Prognosen von Cisco den Unternehmen weltweit über 14 Billionen Dollar an Einsparungen aber auch Gewinne durch neue Geschäftsmodelle bescheren. Demzufolge
soll sich die Anlagennutzung rationalisieren, die Mitarbeiterproduktivität steigern, die Zubehör-Versorgung optimieren, der Service enorm verbessern und die Innovationsfähigkeit zunehmen.
So werden Unternehmen im Maschinenbau nicht nur Anlagen herstellen sondern auch hin zu Partnern und Zulieferern vernetzten. Bei der Maschinenfabrik Trumpf will man nach Angaben
von Geschäftsführungsmitglied Peter Leibinger sogar Geschäfte für die Kunden vermitteln, weil man über die notwendige marktrelevante Datenbasis verfügt. Damit eröffnen sich völlig neue
Perspektiven für das Unternehmen. 
 

„Für kein Fertigungsunternehmen führt ein Weg an Industrie 4.0 vorbei.“

Heinz-Jürgen Prokop, Geschäftsführer bei Trumpf Werkzeugmaschinen


„Wir erleben so gravierende technologische Veränderungen wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr“.

Joe Kaeser, Vorstandsvorsitzender der Siemens AG

In den großen Verwaltungs- und Dienstleistungsbranchen werden es vor allem innovative Geschäftsmodelle und kundenorientierte Service- und Marketing-Strategien sein, die über den Wettbewerbserfolg mit dem Kunden bestimmen. Zu den derzeit attraktivsten Branchen für neue digitale Geschäftsmodelle zählen Finanzdienstleistungen rund um Banken und Versicherungen,
im Gründerjargon „Fintech“ genannt. Allein in Deutschland tummeln sich schon rund 350 Start-ups in diesem Geschäftsumfeld, sagt Peter Lennartz, Partner und Start-up-Experte bei Ernst & Young, der Deutschen Presseagentur.

Digitale Plattformen sprießen vor allem im vielfältigen Dienstleistungsmarkt wie Pilze aus dem Boden. „Die nächste Welle wird im Bereich Gesundheit kommen“, sagt der Unternehmensberater
voraus.

Kunde als Teil der Wertschöpfungskette
So verhelfen Wearables, armbanduhrgroße Geräte, biometrische Daten ihrer Träger zu erfassen und per App an Versicherungen weiter zu leiten. Wer gesund lebt und sich viel bewegt, kann
Geld sparen. Der Versicherer Generali hat kürzlich angekündigt, dieses Geschäftsmodell in Deutschland einzuführen. Daten gegen Rabatte, auch andere Versicherungskonzerne beschäftigen
sich mit solchen Konzepten.

In einem großen Wurf will der Allianz-Konzern die Digitalisierung vorantreiben und damit auch die Zufriedenheit von Kunden und Mitarbeitern verbessern, wie Allianz-Chef Oliver Bäte kürzlich ankündigte. Mit digitalisierten Prozessen und neuen Online-Geschäften sollen bis 2018 zusätzlich zum normalen Wachstum weltweit fünf Millionen Neukunden ins Haus geholt werden und damit zusätzliche Beitragseinnahmen von jährlich 6,5 Prozent. Zugleich soll die Digitalisierung jährlich eine Milliarde an Kosten einsparen.

In der Autoversicherungsbranche ist die Sparkassen-Direktversicherung als Pionier für Telematik-Tarife tätig. Ein zigarettenschachtelgroßes Gerät, im Auto angebracht, überwacht Fahrstil und Geschwindigkeit, Bremsen und Beschleunigen. Bei defensivem Fahrverhalten kann der Versicherte entsprechende Rabatte in Anspruch nehmen.

Für die Autoversicherer gilt deshalb: Wer den Zugriff auf Daten der Kunden hat, kann Kfz-Policen maßschneidern und das Versicherungsrisiko in bisher  nicht gekanntem Ausmaß minimieren. „Der Wettlauf um Kunden und Daten wird durch attraktive Angebote für Kunden entschieden“, sagt Carsten  Schmidt-Jochmann vom Beratungsunternehmen Roland Berger, das kürzlich die Studie „Kfz-Versicherer müssen sich neu erfinden“ vorgestellt hat. Nur Versicherer, die die Datenkontrolle behalten und neuartige Policen anbieten, würden im Paradigmenwechsel der Branche zu den Gewinnern zählen.

„In sechs Jahren werden die Dinge radikal anders hergestellt als heute. Firmen mit digitaler Expertise übernehmen nicht nur im Internet, sondern auch in der Produktion die Macht.“

Andrew Anagnost, Marketingchef bei Autodesk

Revolutionäre Dimensionen
Für Andrew Anagnost, Marketingchef des auf CAD und Computeranimation spezialisierten Softwareunternehmens Autodesk, ist der Trend klar: „In sechs Jahren werden die Dinge radikal
anders hergestellt als heute. Firmen mit digitaler Expertise übernehmen nicht nur im Internet, sondern auch in der Produktion die Macht“, verriet er der Stuttgarter Zeitung. Das gelte auch für die Automobilbranche. „Diese Firmen brauchen keinen der Prozesse mehr, die ein klassischer Autobauer anwendet. Sie haben eine rein digitale Infrastruktur – bei Design, Tests und bei der Produktion. Sie können Autos binnen Monate auf den Markt bringen, nicht in Jahren.“

Die Digitalisierung bietet die Möglichkeit, Wertschöpfungsprozesse zu erweitern und anzureichern etwa mit einem Informationsnetzwerk zu Lieferanten, zu anderen Produzenten, zu Vertriebspartnern,
zu Logistik-Service-Providern und zu eigenen und fremden Providern, wie es die Autoren Ralf T. Kreutzer und Karl-Heinz Land in ihrem Buch „Dematerialisierung – Die Neuverteilung der Welt in Zeiten des digitalen Darwinismus“ eindrucksvoll darstellen.

Zu Recht ist in diesem Zusammenhang von einer vierten industriellen Revolution die Rede, wie sie die Gesellschaft bereits nach der Erfindung der Dampfmaschinen, der Elektrifizierung und damit verbundenen arbeitsteiligen Massenproduktion, der Automatisierung der Produktion durch Elektronik und IT in den vergangenen 100 Jahren immer wieder grundlegend verändert haben. Kennzeichen einer industriellen Revolution sind fundamentale Veränderungen, die nicht nur einen Teil einer Branche, Industrie oder Gesellschaft betreffen, sondern vielmehr alle Bereiche gesellschaftlichen Lebens und der Ökonomie verändern und neu ordnen. Und so ist auch die Digitalisierung und Vernetzung mehr als ein technologischer Entwicklungssprung. Sie bildet ein neues kulturelles Umfeld für das Leben der Menschen und ihr Verhalten, wird die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik, die Rechtspolitik und die Gesetzgebung beeinflussen und verändern.
Durch die Vernetzung von Versicherungsunternehmen, den versicherten Objekten und den verbundenen Service-Prozessen entsteht ein digitales Ökosystem. Dadurch wird es den Versicherungsunternehmen ermöglicht, neue situative Produkte und flexible verhaltensbasierte Tarife anzubieten. Es entstehen völlig neue Geschäftsmodelle.

Was geht? Was kommt?
Der vernetzte Kunde unterstützt die Wertschöpfung von Unternehmen, indem er in den Geschäftsprozess eingebunden wird. So bringt z. B. die Allianz Private Krankenversicherung eine App auf den Markt, mit der man Belege und Rechnungen fotografieren und beim Versicherer einreichen kann. 

Der vernetzte Kunde wird aber auch Teil der Wertschöpfungskette, seine Service-Ansprüche wachsen. Die Kundenkommunikation erfolgt auf allen zur Verfügung stehenden Kanälen, und er erwartet Informationen on Demand, also möglichst schnelle Antworten auf seine Anfragen, wobei Kundenkontakte rund um die Uhr möglich sind. Individuell auf den Kunden zugeschnittene Angebote, Produkte und Dienstleistungen werden immer selbstverständlicher. Apps dienen häufig als Basis für neue Service-Angebote und neue Geschäftsmodelle.

Für die Unternehmen bedeutet dies, sie müssen Prozesse aus Kundensicht betrachten und in der Lage sein, schnell und flexibel auf neue Anforderungen zu reagieren. Starre Prozesse sind dabei nur
hinderlich. Unternehmen müssen in der Lage sein, zum richtigen Zeitpunkt über den richtigen Kanal mit dem richtigen Angebot den Kunden zu erreichen. Das bedeutet, Veränderungen in den Abläufen
vorzunehmen, die Organisation auf den Prüfstand zu stellen, den Fachabteilungen größere Handlungsspielräume zu eröffnen, Abläufe automatisieren und die Agilität in Entwicklung, Produktion und
Logistik fördern. Und letztendlich gilt es, Optionen für neue Geschäftsmodelle zu prüfen und zu schaffen.

Die anwendungsbezogenen Technologien und Konzepte dafür sind vorhanden. Sie heißen Enterprise-Information-Management (EIM), Enterprise-Content-Management (ECM), Business Intelligence (BI), kognitive Lösungen auf Basis künstlicher Intelligenz, CRM, Cloud-Computing, Big Data Analytics u.v.m. Sie müssen nur im entsprechenden Kontext angewandt und selbstverständlich in ihren Funktionsumfängen auf die neuen Anforderungen angepasst werden. Vorausgesetzt, die organisatorischen und strukturellen Rahmenbedingungen werden auf digitale Strategien ausgerichtet. Die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle auf Basis von Desing Thinking empfiehlt sich hier als Ausgangsbasis. Noch sind die Konsequenzen der angebrochenen Digitalisierungs-Epoche für die einzelnen Unternehmen nicht zu überblicken. Aber schon heute dürfte klar sein: Alles was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert, ebenso wird auch alles was automatisiert werden kann, automatisiert.
 

Jacques Ziegler war von 1993 bis 2014 Chefredakteur der Zeitschrift BIT. Im Januar 2016 blickte die BIT auf ihr 50-jähriges Bestehen zurück. Das Fachmagazin für Geschäftsprozess- Management ist damit die älteste IT-affine Zeitschrift auf dem deutschen Markt. Bis heute ist BIT kompetenter Wegbegleiter und Wegbereiter der informationstechnischen Infrastruktur in den Unternehmen sowie der damit verbundenen Organisation. Jacques Ziegler: „Auf die technologischen und organisatorischen Paradigmenwechsel, die BIT in den vergangenen 50 Jahren mit qualifizierten Fachinformationen begleitet hat, folgt nun ein fundamentaler Umbruch der Wirtschaft, ja ganzer Volkswirtschaften. Enterprise Information Management als Methodenansatz zur Bewältigung des digitalen Wandels spielt dabei eine herausragende Rolle.“
www.bit-news.de

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