Wie künstliche Intelligenz ins EIM einzieht und was wir bedenken müssen
Träumen ChatBots von elektrischen Schafen?
André Vogt, Direktor EIM bei der CENIT AG
Veröffentlicht in: DiALOG - DAS MAGAZIN FÜR ENTERPRISE INFORMATION MANAGEMENT | MÄRZ 2018
ChatBots für die Kundenkommunikation, KI zur Selektion, Erkennung und Strukturierung großer Datenmengen und autonome Flugzeuge, Fahrzeuge und Roboter. IoT, Vernetzung und Cloud, das sind die Themen des Information Managements im Hier und Heute.
Mit der Abwandlung des Buchtitels von Philip K. Dick „Do Androids dream of Electric Sheeps“ aus dem Jahre 1968 versuche ich die damaligen Gedanken zu der Frage Mensch, Maschine und Künstliche Intelligenz in den Kontext des EIM zu transportieren.
1968 waren die Ideen zu Androiden bzw. Replikanten und die Fragen nach der Grenze zwischen Mensch und Technologie reine Fiktion. Bei der ersten Verfilmung durch Ridley Scott 1982 gab es zumindest schon das Netz und die Vision neuronaler Netze und damit Künstlicher Intelligenz und in 2017 bei der letzten Verfilmung müssen wir uns einmal fragen, wo stehen wir? Fachlich? Technologisch? Im Kontext des Enterprise Information Managements?
Die natürliche Sprache oder „Natural Language Processing“ ist ein großer Trend, der durch Künstliche Intelligenz und selbstlernende Systeme immer schneller und weiter vorangetrieben wird, aber eigentlich nichts anderes ist, als ein zusätzlicher Kanal im Rahmen der Multi-Channel-Strategie der „360 Grad Kundenkommunikation“. In einer idealen Welt müsste ein Anruf, ein Fax, eine Mail und die Nutzung von Siri, Alexa und Cortana zu den „gleichen“ IT-gestützten Prozessabläufen führen.
ChatBots versprechen hier die Lösung – sie bevölkern immer häufiger das Internet und werden zu universellen Dienstleistern. Sie assistieren als News-Lieferanten, Lernhilfe für Fremdsprachen oder Servicevermittler - und man kann mit ihnen fast so „chatten“ wie mit Menschen im Kundenservice. Aber einen echten Durchbruch hat diese eigentlich „alte“ Technologie zu Beginn nicht erlebt. Online-Händler waren die Initiatoren. Diverse von ihnen haben ihre regelbasierten ChatBots bereits wieder abgeschaltet, da ein Chat- Bot auch eine Art Aushängeschild für den mit dem Brand verbundenen Qualitätsanspruch ist, was nicht zu jedem Produkt passt.
Joseph Weizenbaum zeigte 1966 mittels „Eliza“ die Grundprinzipien der sprachlichen Kommunikation zwischen Mensch und Computer. Eigentlich war das der Start dessen, was aktuell als ChatBot-Trend in den Medien beworben wird. Der eigentliche Auslöser liegt aber nicht so lange zurück, sondern hängt mit dem Mobile und Cloud Trend der letzten Dekade zusammen.
Vor acht Jahren nahm Siri auf eine fast spielerische Art die Berührungsängste und Sorgen vor der natürlich sprachlichen Kommunikation mit Maschinen. Regelbasierte Ansätze gab es bereits viele, aber durch die „Vermenschlichung“ als einen persönlichen Assistenten setzten sich neue Wünsche bzw. Anforderungen an die Kommunikation in den Köpfen der Anwender fest – und damit bei den Software-Anbietern.
Die anderen großen Plattformanbieter wie Google (2012) und Microsoft (2014) zogen schnell nach. Natürlich sprachliche Assistenten dienten als Gesprächspartner für den privaten Gebrauch. Die Akzeptanz dieser Lösungen im privaten Bereich hat die Offenheit, sich auch im Businessbereich Lösungsszenarien vorzustellen, zu testen und einzuführen positiv beeinflusst.
Mit Alexa ist der Einzug von KI im Wohnzimmer vollzogen. Die Fragen in unseren Beratungsprojekten sind aktuell sehr viel stärker auf die Einsatzszenarien, Zielgruppen und Dialogführungen fokussiert, als auf die Technologie. Man hat erkannt, dass die Technologie bzw. Plattform eigentlich egal ist, da der Mehrwert von computer-gestützter Kommunikation nicht in IT-Kosten und IT-Funktionalität bewertet werden kann.
Gemeinsam haben die Lösungen, dass ein neuer Kundenkommunikationskanal – der Chat – als quasi etabliert gilt und über diverse Endgeräte (Browser, Tablets und SmartPhones, etc.) bereitgestellt wird. Die technologische Umsetzung des Dialogs differiert bei den am Markt befindlichen Lösungen und Plattformen allerdings erheblich. Neben sehr einfachen regelbasierten Ansätzen, geht das Spektrum auf der anderen Seite bis hin zu Künstliche- Intelligenz-basierten Ansätzen wie bei Microsoft oder IBM, wo die Integration weiterer kognitiver Fähigkeiten quasi Standard ist, so dass Bilderkennung, Übersetzungen und Vorhersagen von Angeboten für die nächste Aktion in einem Chat- Bot auf einfachste Art und Weise möglich sind.
Wie sieht also der ideale ChatBot aus? Er muss lernfähig sein. Dazu interagiert er mit dem Kunden, beobachtet ihn, merkt sich, was ihm gefällt und was er nicht so gerne mag, registriert sein Feedback und baut so eine aggregierte Wissensbasis auf, die im Laufe der Zeit wächst. Eine zentrale Voraussetzung dafür ist, dass der ChatBot mit den passenden Daten versorgt wird, auf deren Basis er lernen kann, wer der Kunde ist und was er mag. Das ist ohne Künstliche Intelligenz nicht abbildbar, also muss man sich positiv mit diesem Thema auseinandersetzen.
CENIT bietet ein Reifegrad-Modell zur Einordnung und Gruppierung von ChatBots an, um so fokussiert die richtigen Ansätze für den Start der Digitalisierungsstrategie im Umfeld der Kundenkommunikation einzugrenzen. Nur so wird das Risiko reduziert, dass die Idee, eine schnelle Lösung einzuführen, nicht durch die Diskussion über eine „eierlegende Wollmilchsau“ zerstört wird.
Machen wir uns nichts vor. Die Anzahl der Menschen, welche Digitalisierung mit KI und ChatBots befürworten, liegt statistisch über 68% – allerdings nur bis zu dem Augenblick, wenn sie persönlich in die Konzeption und Bedarfsbeschreibung eingebunden werden. Schlagartig werden Sorgen, Probleme und Ängste thematisiert – fast ein bisschen wie die Fragen von 1968, motiviert von Philip K. Dick. Datensicherheit, die Cloud-Diskussion, die Sorge der Substitution von Arbeitsplätzen und immer wieder die Qualität der Kommunikation – inhaltlich und technologisch. Somit sind KIund ChatBot-Projekte immer von einem entsprechenden Change und zugehöriger motivierender Kommunikation zu begleiten. Wir empfehlen Pragmatismus bei der Nutzung von KI-basierten Dialogsystemen.
„Einfach machen“ lautet die Devise. Wir bei CENIT zeigen lieber direkt die Lösung, um so gemeinsam mit dem Kunden die Besonderheiten im Dialog und Prozess herauszuarbeiten. Und hierbei schauen wir nicht nur auf Frontend oder Channel, sondern auch auf die Integration der Bestandssysteme. Das schafft deutlich mehr Veränderung als die Diskussion über die rechtlichen Fragen einer Cloud-Lösung oder Fragen nach Datenhoheit und ITtechnischen Voraussetzungen.
Mit unserer Lösung SmartChat für die KFZ-Schadenmeldung konnten wir gute Erfahrungen sammeln: Neben einer besonderen Workshop- Methode für die gemeinsame Entwicklung des Dialogablaufs konnte ebenso technologische Erfahrung bei der Implementierung auf verschiedenen Plattformen gesammelt werden, welche in unser Reifegrad-Modell eingeflossen sind. Die eigentlichen Herausforderungen sind jedoch eher auf der Überfachlichen und Vorgehens-/Methodischen- Ebene zu lösen. Den Change zu begleiten, ist Key.
Nimmt jetzt also die KI die Überhand? Wird der Mensch ersetzt? Der Mensch steht immer noch im Mittelpunkt. Nicht nur im Projekt für die Einführung eines ChatBots im Rahmen einer Digitalisierungsstrategie, sondern auch als Nutzer. Es wird weiterhin Kommunikation geben, die nur in persönlicher Form stattfinden wird. Vertrauen, echte Emotionen und das Erlebnis stellen einen Wert an sich dar. Aber muss ich das bezahlen, wenn ich nachts einen Defekt meines Internetanschlusses melden möchte oder wenn ich unterwegs bin und schon viele Stunden mit anderen Menschen gesprochen habe. Das sind meine Positiv-Beispiele, wo ich mich über die Nutzung eines ChatBots freue und dankbar für dieses Angebot bin.
Für jede Innovation gibt es ein positives und ein negatives Einsatzgebiet. Die Auswahl liegt in unseren Händen und unserer Einstellung zu den Möglichkeiten der Technologie. Was nicht aufhören wird, ist das menschliche Streben nach Innovation. Der oft zitierte Satz „ Was digitalisierbar ist, wird digitalisiert und automatisiert werden“ und die dagegen geäußerten Bedenken kennen wir alle aus der Einführung und/ oder Nutzung der EIM-Lösungen im privaten und beruflichen Alltag. Wir sollten die Chancen sehen und die Risiken managen. Wovon die ChatBots träumen, vermag ich abschließend nicht zu sagen. Aber ich kann zusagen, dass nachts eingesetzte ChatBots zumindest die menschlichen Kollegen im Kundenservice gut schlafen und träumen lassen. Man muss nur das Positive sehen wollen.
Meine Grundeinstellung ist generell von einer „Warum nicht...?“-Einstellung geprägt. Aber eine andere, jüngst veröffentlichte Prognose von Gartner macht mir jetzt persönlich ein wenig zu schaffen: Schon 2020 wird der Durchschnittsmensch öfter mit einem ChatBot kommunizieren, als mit seinem Lebenspartner.
CENIT ist der Partner für die erfolgreiche digitale Transformation. Kunden verfügen mit CENIT an ihrer Seite über weitreichende Möglichkeiten zur Optimierung ihrer horizontalen und vertikalen Geschäftsprozesse. Innovative Technologien aus den Bereichen Product Lifecycle Management, Digitale Fabrik und Enterprise Information Management schaffen dafür die Basis. Die Kompetenz der CENIT-Berater entsteht aus der Kombination von fachübergreifendem Prozessverständnis und tiefer Fach-Expertise. Der durchgängige Beratungsansatz gibt CENIT Kunden die Sicherheit, dass ihre Lösungen mit dem Verständnis für ihre gesamte Wertschöpfungskette entstehen. Als ganzheitlich aufgestellter Partner seiner Kunden übernimmt CENIT die Verantwortung von der Beratung über die Einführung innovativer IT-Lösungen bis zum wirtschaftlichen Betrieb. Das CENIT-Team stellt sich auf die spezifische Situation des Unternehmens ein und gewährleistet damit die Praxisnähe, die messbare operative Optimierungen erst ermöglicht. Seit über 25 Jahren realisiert CENIT damit Wettbewerbsvorteile für namhafte Kunden in Schlüsselindustrien der Wirtschaft. CENIT beschäftigt rund 800 Mitarbeiter, die weltweit Kunden aus den Branchen Automobil, Luft- und Raumfahrt, Maschinenbau, Werkzeug- und Formenbau, Finanzdienstleistungen, Handel und Konsumgüter betreuen.
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